25.04.2023
Hier schreibt unser Mitarbeiter aus Uschgorod, Alexander Chabanov, über aktuelle Ereignisse in der Region Transkarpatien. In dieser Ausgabe schreibt er über das ukrainische Osterfest und die Vielzahl von Bräuchen, die damit verbunden sind.
Ostern in Transkarpatien 2023
Christ ist auferstanden!
Er ist wahrhaftig auferstanden! – war auch dieses Jahr überall in der Ukraine zu hören. In Transkarpatien, anders als in vielen anderen Gebieten der Ukraine, benutzt man die Redewendung zur Begrüßung nicht nur am Ostersonntag und Ostermontag, sondern noch ruhig die ganze Woche lang. Und wer am nächsten Tag, so wie ich z.B. „Guten Tag!“ oder „Servus!“ sagt, fällt gleich als Fremder hier auf. (In Bayern ist es ähnlich: Wer am Ostermontag „Juten Tach“ oder „Moin“ sagt, fällt doof auf. Gilt für das ganze Jahr übrigens :)
In der Ukraine heißt Ostern Welykden`, d.h. der „große Tag“ und hat vor allem für religiöse Ukrainer eine besondere Bedeutung. Viele halten Ostern sogar für das wichtigere (wenn nicht das wichtigste) Kirchenfest in der Ukraine, mit dem gleichen Stellenwert wie Weihnachten.
Ostern in der Ukraine ist eine besondere Zeit und genau wie Weihnachten ein Fest der ganzen Familie. Hier verflechten sich heidnische Rituale mit der christlichen Bedeutung des Festes, in dem die Auferstehung Jesu gefeiert wird. Vorchristliche Bräuche verbinden das Gedenken an die Verstorbenen, den Wunsch an eine gute Ernte und die beginnende Zeit für Hochzeiten mit dem Singen von rituellen Liedern und dem Aufsagen typischer Grüße.
Fast alle Kirchen in der Ukraine richten sich bisher nach dem Julianischen Kalender. Dieser unterscheidet sich vom gregorianischen Kalender um 13 Tage. So finden dadurch die meisten Feiertage einfach 13 Tage später statt. Ostern jedoch ist ein beweglicher Feiertag, der normalerweise auf den ersten Vollmond nach der Tag- und Nachtgleiche fällt – wenn also Tag und Nacht gleich lange dauern. Dies wurde auf dem Konzil von Nikea im Jahre 325 bestimmt. Und dieses Jahr fiel der Ostersonntag auf den 16. April `23.
In vielen Regionen der Ukraine beginnt das Fest schon am Ostersamstag. Da finden den ganzen Tag über Gottesdienste in den Kirchen statt. Ein wichtiger Gottesdienst beginnt um Mitternacht und kann bis in die Morgenstunden dauern. In Transkarpatien gehen am Ostersamstag bereits viele Menschen vor die Kirchen und lassen sich ihre Osterkörbe von einem Priester mit Weihwasser segnen.
Der Osterkorb (ukr.: Passchalny Koschyk – sic!) ist das größte Symbol für Ostern in der Ukraine. Er ist an allen Osterkarten abgebildet und beinhaltet Osterkuchen, bemalte Ostereier und viele Süßigkeiten.
Am Ostersonntag gehen Gläubige natürlich in die Kirchen. Auch jetzt bringen die Menschen wieder ihre Osterkörbe mit und lassen sich diese segnen. Manche verbringen aber auch die ganze Nacht in der Kirche und gehen erst nach dem Gottesdienst heim, der die ganze Nacht dauert. Am Ostersonntagmorgen, meist nach dem Gottesdienst gibt es dann ein ausgiebiges Festessen mit den Speisen, die zuvor im Osterkorb gesegnet wurden. Schließlich ist gerade die Fastenzeit beendet worden und es dürfen wieder tierische Produkte genossen werden.
Am Ostermontag, der auch als Nasser Montag bezeichnet wird, werden vor allem junge Frauen auf der Straße mit Wasser bespritzt. So steht Wasser an diesem Tag besonders für die Reinigung von den Sünden. Jedenfalls wird so den Kindern in der Kirche gedeutet. Was Wasser und Eier für Heiden symbolisierten, bleibt allerdings bis heute ungeklärt. Aber eins steht fest: Die heidnischen Rituale sind immer noch lebendig. In den Dörfern werden besonders junge Frauen mit Wasser bespritzt, „um sie rein zu waschen und auf eine künftige Hochzeit vorzubereiten“. Im Gegenzug geben die Frauen den Männern Ostereier. Ob die Sympathie jedoch steigt, wenn das arme Mädchen mit einem Eimer Wasser begossen wird, ist fraglich. Aber eins ist klar: In manchen Dörfern sind die jungen Männer so eifrig, dass sich Frauen am Ostermontag lieber zu Hause verstecken und sich nicht im Hof zu zeigen wagen.
Die Männer, vom öden, langen Warten im Busch müde, veranstalten dann richtige Eierschlachten, beinahe wie echte Ritter im Mittelalter, aber ohne Pferde. Dabei muss man bunte Ostereier gegeneinander schlagen! Gewonnen hat der, dessen Ei heil bleibt. Der Verlierer muss dann sein Ei abgeben und der Gewinner darf sein Ei aufessen, was häufig gleich passiert. Und da die Mädchen daheim bleiben und die Menge der Eier abnimmt, bringen die Männer zum geheimen Versteck welche mit und noch was dazu: Schinken, Bratwurst, Osterkuchen, mal auch ein paar nicht immer alkoholfreie Getränke. Danach vergeht die Zeit nicht mehr so monoton und das Lauern auf nächstes Opfer kann wesentlich erregender werden, würde ich sagen. Besonders wenn ein Cleverer ein bemaltes Holzei für die Eierschlacht von zu Hause holt und sein Betrug plötzlich an den Tag kommt… Da wird`s schon wirklich lustig!
In der Region Transkarpatien dauert das Ritual traditionell sogar ganze drei Tage: am Ostermontag werden Frauen mit Wasser bespritzt, am Dienstag geben sie den jungen Herren bemalte Ostereier und am Mittwoch bespritzen sich wieder alle gegenseitig. Und dazwischen immer Eierschlachten! Apropos Wasser: Regnet es am Ostermontag, dann gilt es in vielen Regionen der Ukraine als ein gutes Zeichen für eine gute Ernte und den Beginn von landwirtschaftlichen Arbeiten.
Ich bedanke mich für frohe Ostern bei unseren ukrainischen Streitkräften, vor allem bei jedem ukrainischen Soldaten, gefallenen oder lebenden, für eine Möglichkeit „Frohe Ostern“ zu sagen, frei in die ukrainische Kirche zu gehen, ohne Angst Ukrainisch zu sprechen und in den Himmel zu gucken.
Unsere Eier tragen Khaki und Pixel.
Slawa Ukrajini!
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