14.03.2023
Hier schreibt unser Mitarbeiter aus Uschgorod, Alexander Chabanov, über aktuelle Ereignisse in der Region Transkarpatien. In dieser Ausgabe widmet er sich dem Frauentag 2023 und dem Kampf um Gleichberechtigung in der Ukraine.
Frauentag 2023
Während die Gleichberechtigung in Berlin ihren Höhepunkt erreicht hat, indem das Schwimmen "oben ohne" für alle Personen gleichermaßen erlaubt sei, wie eine Sprecherin der Berliner Bäderbetriebe (BBB) am Donnerstag, dem 9. März 2023, mitteilte, müssen ukrainische Frauen um ihre Rechte auf Gleichberechtigung noch lange kämpfen.
Es handelt sich nicht darum, dass die Ukraine mangelhaften Frauenschutz hätte. Nein, überhaupt nicht! Gesetzlich sind die Männer und Frauen gleichberechtigt. In einigen Fällen (wie z.B. Mutterschutz) haben sie sogar mehr Chancen auf die staatliche Unterstützung als ein Mann. Aber es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen geschriebenen und realen Rechten der Frau im Alltag.
Es ist höchste Zeit, die Barbarei der realen Ungleichheit zwischen Mann und Frau zu stoppen, und dies ist eine riesiger Komplex an sozialer und politischer Arbeit, die hierfür noch getan werden muss. Allein die bloße Notwendigkeit, für Gleichberechtigung zu kämpfen, ist der beste Beweis für existierende Ungleichheit. Und es geht hier nicht nur um die Ukraine; dies ist ein weltweites Problem.
Es ist eine Schande, wenn eine Frau im Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt beweisen muss, dass sie nicht weniger professionell sei als ein Mann.
Ebenso eine Schande, dass wir als Gesellschaft noch keine Bedingungen geschaffen haben, die es Frauen ermöglichen, nicht mehr zwischen Mutterschaft und Karriere wählen zu müssen.
Peinlich, dass eine Frau für das gleiche Aufgabenspektrum im Beruf ein geringeres Gehalt bekommt als ein Mann.
Dazu kommt der Frauentag selbst. Wenn es so einen Tag gibt, dann sollte es schon bedeuten, dass nicht alles schön auf der Welt läuft. Die Idee des Frauentages kam in die Ukraine aus Moskau zu Zeiten der Sowjetunion. Und wie jede Idee wurde sie von den Kommunisten pervertiert. Einst als Tag des Kampfes für Frauenrechte etabliert, wurde dieser Tag zu einem Fest verdreht, an dem man(n) Frauen gratulieren und ihnen Blumen schenken muss.
Apropos, gratulieren: Wie wird heutzutage der Frauentag in der Ukraine wahrgenommen? Und vor allem angesichts der Tatsache, dass viele Frauen aus Kriegsregionen vertrieben wurden. Vor allem Kinder und Frauen waren und bleiben die häufigsten Angriffsziele in diesem Krieg: Überfälle, Misshandlungen, Vergewaltigungen, Gefangennahme, Entführungen. Mehre Tausende fielen all dem zum Opfer.
Die Untersuchungen in sozialen Netzwerken zeigen, dass sich die moderne ukrainische Frauengesellschaft in drei praktisch gleich große Gruppen aufsplitterte, was ihre Meinung zum Umgang mit dem Frauentag anbelangt.
- "Natürlich feiern. Blumen sind immer gut!"
- "Nicht feiern! Es war ein kommunistisches Fest."
- "Als Gedenktag für jene Frauen feiern, die ihr Leben für Frauenrechte opferten."
Die Ukraine wird nicht umsonst oft als Frau dargestellt. Sie steht vor einer großen Herausforderung, die sie ohne westliche Unterstützung nicht überwinden kann. Und nach dem Krieg, der zweifellos mit unserem Sieg enden wird, muss die ukrainische Gesellschaft noch viele westeuropäische Werte übernehmen, um ihre internen Probleme zu lösen. im sozialen Bereich wäre die Gleichberechtigung eins der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste. Und das Thema hat unmittelbar mit den Kriegszielen und dem Konflikt zwischen westlich-liberaler und autoritärer Gesellschaftsordnung zu tun: in Russland sind Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe unter der Regierung Putin kein Straftatbestand mehr.
Ich würde mir wünschen, dass wir uns bald mit Themen, wie „oben ohne“ in Deutschland, auseinandersetzen, nachdem alle anderen wirtschaftlichen und sozialen Probleme gelöst wurden.
Bisher blieb jedoch erst einmal alles beim alten: Der Bürgermeister von Uschhorod gratulierte den Frauen offiziell und schenkte ihnen die erwähnten Blumen. Und Präsident Zelenskij bedankte sich in aller Kürze bei allen Frauen mit einem kurzen Video.
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