Datum
22.6.2018
Autor
Stiftung Verbundenheit

Koschyk-Interview mit dem „Institut für Auslandsbeziehungen“ (ifa): „Minderheitenpolitik ist Friedenspolitik“

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Der ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten und langjährige Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk hat in einem Interview mit dem „Institut für Auslandsbeziehungen“ (ifa) in Stuttgart die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert, sich auf europäischer und internationaler Ebene für die Weiterentwicklung des Minderheitenschutzes einzusetzen. Koschyk erinnerte dabei an die Aussage von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gegenüber den autochthone Minderheiten in Deutschland, „Minderheitenpolitik ist Friedenspolitik“.

Koschyk wörtlich: „Gerade Deutschland als ‚Friedensmacht‘ muss daher bei der Minderheitenpolitik eine Vorbildrolle einnehmen. Das gilt innerstaatlich, was die Förderung von Sinti und Roma, Sorben, Friesen und Dänen und der niederdeutschen Sprache in Deutschland anbelangt. Das gilt für die Verantwortung für deutsche Minderheiten in Europa und den GUS-Staaten. Das gilt aber auch für Deutschlands politischen Einsatz auf europäischer und internationaler Ebene für die Weiterentwicklung des Minderheitenschutzes, denn gerade auf diesem Feld bedeutet Stillstand Rückschritt.“

Koschyk nahm in dem Interview auch zu aktuellen Flüchtlingsdebatte Stellung und verwies auf die Erfahrungen bei der Integration von Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Minderheiten.
Hierzu Koschyk: „Vieles was für die gelingende Integration von Heimatvertriebenen, Aussiedlern und nationalen Minderheiten in Deutschland galt und gilt lässt sich auch für das gelingende Zusammenleben mit den Menschen anwenden, die neu in unser Land kommen und auf Dauer bei uns leben werden. Integration bedeutet, die Grundwerte und Normen unseres Landes, wie sie im Grundgesetz und den übrigen Gesetzen festgelegt sind, zu achten und sich ihnen auch innerlich zuzuwenden. Dazu gehört auch Loyalität zu unserem Staat und seiner Grundordnung, Vertrautheit mit unserer Sprache und Kultur, ohne die eigene Sprache, Kultur und religiöse Tradition aufgeben zu müssen, denn Integration bedeutet nicht Assimilation. Man kann ein guter deutscher Staatsbürger sein, auch wenn man ‚Heimat-Identität-Glaube’seiner Herkunft nicht aufgibt. Dies gilt für die Heimatvertriebenen, Aussiedler und nationalen Minderheiten in Deutschland, dies gilt auch für Neubürger anderer Nationalitäten und Religionen!“

Koschyk würdigte den hohen Vernetzungsgrad der nationalen Minderheiten in Europa unter dem Dach der „Föderation Europäischer Nationalitäten“ (FUEN):
„Mich hat bei meinen Begegnungen mit den autochthonen Minderheiten in Deutschland und mit den deutschen Minderheiten in Europa und der ehemaligen Sowjetunion immer der hohe Grad der internationalen Vernetzung und Kooperation beeindruckt, etwa nach dem Motto: Minderheiten helfen Minderheiten. Ich bin sehr dankbar, dass die Minderheiten etwa unter dem Dach der Föderation Europäischer Nationalitäten (FUEN) eng und partnerschaftlich zusammenarbeiten. Gerade die deutschen Minderheiten arbeiten mit den Roma-Minderheiten und anderen nationalen Minderheiten oder auch jüdischen Gemeinden in ihren Heimatländern oftmals sehr intensiv zusammen.“

Der ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten nahm in dem ifa-Interview auch zu der von ihm angestoßenen Aufwertung dieses Amtes Stellung: „Ich habe vorgeschlagen, das Amt des Beauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten um die Gruppe der Heimatvertriebenen und der deutschen Gemeinschaften beispielsweise in Nord- und Südamerika und anderen überseeischen Ländern zu erweitern und durch die Verankerung im Bundeskanzleramt auch politisch aufzuwerten. Diese Überlegungen habe ich vor der Bundestagswahl den Parteivorsitzenden von CDU und CSU mitgeteilt. Ich bedauere, dass man diese Überlegungen nicht aufgegriffen hat. Offensichtlich wurde dem Thema ‚Digitalisierung‘ eine größere Bedeutung beigemessen, denn hier wurde ja eine neue Position im Bundeskanzleramt im Range einer Staatsministerin geschaffen.“

Buch

Anlass des Interviews, das Karoline Gil, die Bereichsleiterin des „ifa“ für Integration und Medien mit Koschyk führte, war dessen Buch „Heimat-Identität-Glaube“, das zu Jahresbeginn im „EOS-Verlag“ der Benediktiner-Abtei St. Ottilien erschienen ist. In dem Interview nahm Koschyk auch zu seinen Beweggründen für die Veröffentlichung des Buches und die Wahl des Buchtitels Stellung:
„Seit dem Beginn meines Engagements im Vertriebenenbereich beschäftigt mich das Spannungsfeld ‚Heimat-Identität-Glaube’. Es ist auch ein wichtiges Thema meiner eigenen Biografie: ich bin als Kind oberschlesischer Heimatvertriebener in Franken geboren und empfinde die Heimat meiner Eltern als Teil meiner Identität. Wenn Sie so wollen, ist das Buch also auch ein Stück Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie, aber auch meines gesamten politischen und ehrenamtlichen Wirkens.“

Zum Wortlauf des Interviews gelangen Sie hier!

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