Datum
22.12.2022
Autor
Stiftung Verbundenheit

Deutschsprachige Gemeinschaften und Institutionen in Paraguay: Ein Situations- und Reisebericht

Die Stiftung Verbundenheit hat 2021 die Studie mit dem Titel „Deutschsprachige Gemeinschaften und Institutionen in Paraguay“ in Auftrag gegeben mit dem Ziel, umfassende und aktuelle Informationen über diese Gemeinschaft zu erlangen. Ingrid Villalba, Vizeministerin Paraguays für Kommunikation a.D. und selbst deutscher Abstammung, hat die Studie durchgeführt, welche im Spätsommer in der Botschaft der Republik Paraguay in Berlin und wenige Wochen später in der Hauptstadt Paraguays, in Asunción, vorgestellt wurde.

Sehen Sie HIER das Video der Buchvorstellung.

Die Ergebnisse dieses Forschungsprojektes dienen der Stiftung Verbundenheit dazu, einen Beitrag zur Sichtbarkeit der Organisationsstrukturen der deutschsprachigen Gemeinschaft in Paraguay zu liefern und die Zusammenarbeit mit diesen Organisationen im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) zu konkretisieren. Vor diesem Hintergrund besuchten mehrere Stiftungsmitarbeiter im vergangenen Monat mehrere deutschsprachige Institutionen in Paraguay.

Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Encarnación, Frau Margarita Memmel de Goligorsky mit den Stiftungsmitarbeitern Silvia Saenger und Gabriel Podevils und Jan Wilms

Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Encarnación, Frau Margarita Memmel de Goligorsky mit den Stiftungsmitarbeitern Silvia Saenger und Gabriel Podevils und Jan Wilms

Ein erstes Treffen fand mit Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Encarnación, Frau Margarita Memmel de Goligorsky, statt. Sie zeigte sich von Beginn des Gespräches mit den freien Stiftungsmitarbeitern Silvia Saenger und Gabriel Podevils sowie mit Teamleiter der Stiftung Verbundenheit Jan Wilms sehr offen in Bezug auf künftige Kooperationen. So sprach Memmel de Goligorsky den Stiftungsmitarbeitern ihre volle Unterstützung bei der Organisation eines Regionalkongresses mit den deutschsprachigen Institutionen um Encarnación zu. Ihr sei es von großer Bedeutung, gemeinsam mit der Stiftung Verbundenheit den Zusammenhalt der deutschsprachigen Gemeinschaft in ihrer Region zu stärken. Damit bekräftigt Honorarkonsulin Memmel de Goligorsky eines der Hauptergebnisse der Studie: Die Notwendigkeit des Zusammenschlusses der deutschsprachigen Institutionen zur Steigerung ihrer Sichtbarkeit und Repräsentativität.

In Colonia Independencia

In Colonia Independencia

Am Folgetag tauschten sich Gabriel Podevils und Jan Wilms mit dem Vorsitzenden der Elternvertretung der Deutschen Schule in Colonia Independencia und dem Präsidenten des dortigen deutschen Vereins aus. Durch die sehr ländliche Lage von Colonia Independencia, das Verlernen der deutschen Sprache und generelles Desinteresse bei jüngeren Generationen, hat der deutsche Verein mit dem Beitritt neuer Mitglieder zu kämpfen. Das Angebot der Stiftung Verbundenheit im Rahmen ihrer Bürgerdiplomatie-Initiative #JungesNetzwerk Projekte zu aktuell relevanten Themen mit Deutschlandbezug zu erarbeiten, stieß in Colonia Independencia auf großes Interesse.

Zu Gesprächen in Colonia Independencia: Stiftungsmitarbeiter Gabriel Podevils, Vorsitzender der Elternvertretung der Deutschen Schule Gerardo Huber, Präsident des Deutschen Vereins Rafael Escher und Teamleiter der Stiftung Verbundenheit, Jan Wilms

Zu Gesprächen in Colonia Independencia: Stiftungsmitarbeiter Gabriel Podevils, Vorsitzender der Elternvertretung der Deutschen Schule Gerardo Huber, Präsident des Deutschen Vereins Rafael Escher und Teamleiter der Stiftung Verbundenheit, Jan Wilms

Nichtsdestotrotz hat die Deutsche Schule im letzten Jahr überdurchschnittlich viele Kinder eingeschult, was mit der jüngsten Einwanderung aus Deutschland zusammenhängt.

„Der Großteil der neuen Einwanderer zeigt sich offen und interessiert gegenüber den deutschen Institutionen in Colonia Independencia. Ich denke, moderne Ansätze der deutschen AKBP sind bei der deutschsprachigen Gemeinschaft sehr willkommen.“, so Rafael Escher, Präsident des deutschen Vereins.

Escher und Huber begrüßten ein Arbeitstreffen im kommenden Jahr mit weiteren deutschsprachigen Institutionen des Südwesten Paraguays. So könne das Inseldasein der einzelnen Institutionen und vor allem der Vereine abgebaut und eine Gemeinschaft mit mehr Reichweite erreicht werden. In gewisser Weise habe sich dieses Modell über einen Dachverband der deutschen Schulen in Paraguay bereits bewährt, ergänzt Huber.

Durch die Weiten Paraguays Richtung Südost innerhalb der Region Itapúa

Durch die Weiten Paraguays Richtung Südost innerhalb der Region Itapúa

Nach den Besuchen in Encarnación und Colonia Independencia ging es für die Stiftungsmitarbeiter in den Südosten Paraguays. Um 1900 zog es die ersten deutschen Einwanderer in die Region Namens Itapúa. Namenhafte deutsche Siedlungen befinden sich in Bella Vista, Hohenau und Obligado (zusammen auch Colonias Unidas genannt) sowie in Kressburgo. In Hohenau sprachen Podevils und Wilms mit Vertretern der deutschen Gemeinschaft Itapúas sowie des deutschen Vereins Obligados. 

Bei den Gesprächen wurde mehrfach das Desinteresse der jüngeren Generationen am Vereinsleben erwähnt. So sei z.B. die Gründung einer Jugendkommission an der fehlenden Motivation der Jugendlichen gescheitert, meint Richard Abbeg, Präsident des deutschen Vereins in Obligado. Auch bestehe der Wunsch, sich mit den Vereinsaktivitäten einem größeren Publikum zu öffnen, das bisher keinen Kontakt zu Deutschland hatte, ergänzt Lourdes de Kruger der deutschen Gemeinschaft Itapúas.

Im Austausch mit Mitgliedern der deutschen Gemeinschaft Itapúas und des deutschen Vereins Obligados

Im Austausch mit Mitgliedern der deutschen Gemeinschaft Itapúas und des deutschen Vereins Obligados

Wie aus der von der Stiftung Verbundenheit in Auftrag gegebenen Studie hervorgeht und vor Ort bestätigt wurde, charakterisiert sich das Vereinsleben der soeben erwähnten Institutionen hauptsächlich über Traditionswahrung in Form von deutschen, traditionellen Tanz-, und Musikfesten. Die Gesprächspartner von Podevils und Wilms stehen einer Diversifizierung ihrer Vereinsaktivitäten generell offen gegenüber. Ihnen sei es wichtig, neue und dynamische Mitglieder mit frischen Ideen zu integrieren, wenn diese das bisherige Vereinsleben ergänzen. Auch hier sieht die deutsche Gemeinschaft von Colonias Unidas das Potenzial der Zusammenarbeit mit der Stiftung Verbundenheit über regelmäßige regionale Austausche und die Integration von jüngeren Mitgliedern über die Bürgerdiploamtie-Initiative #JungesNetzwerk. An einem ersten Netzwerktreffen mit weiteren deutschsprachigen Institutionen der Region Anfang 2023 nehme man sehr gerne teil, bestätigten alle Gesprächspartner im Einvernehmen.

In Bezug auf die jüngste Deutsche Einwanderung der letzten 3 Jahre gab es gemischte Resonanz. Einerseits integrieren sich die neuen deutschen Auswanderer und sind froh, ein Stück Heimat in Paraguay wiederzufinden, andererseits gibt es Teilgruppen, welche sich bisher – so denkt Vereinspräsident Abbeg – aus Sicherheitsbedenken eher abschotten. Die Gemeinschaft sei für alle offen, solange man sich gegenseitig respektiere, fasst Lourdes de Kruger zusammen.

Die letzte Station dieser Paraguay-Reise war Kressburgo im Norden von Itapúa. Diese Ortschaft wurde vor erst etwas mehr als 30 Jahren vom deutschen Auswanderer Heinfried Wolfgang Kress gegründet und ist heutzutage Hauptsitz der gleichnamigen Unternehmensgruppe. Der freie Mitarbeiter Podevils sowie Teamleiter der Stiftung Verbundenheit Wilms tauschten sich in Kressburgo mit der dortigen Schulleiterin Karina Fischer aus. Interessant war für Fischer vor allem die Möglichkeit, ihren Schülerinnen und Schülern über die Stiftung Verbundenheit und #JungesNetzwerk außerschulische, AKPG-bezogene Projektarbeit anbieten zu können. Auch sie bekundete ihr großes Interesse der Teilnahme an einem Regionaltreffen mit weiteren Institutionen zum gemeinsamen Austausch und möglichen künftigen Kooperationen.

Sonnenuntergang in Encarnación

Sonnenuntergang in Encarnación

Nach intensiven Reisetagen durch Paraguay zeigt sich Teamleiter Jan Wilms positiv:
„Die Ergebnisse der von der Stiftung in Auftrag gegebenen Studie haben sich bestätigt. Die von Ingrid Villalba als gesprächsoffen vorgeschlagenen Vereine konnten durch Podevils und meine Besuche an aktuelle Thematiken der deutschen AKBP herangeführt werden und zeigten sich allesamt offen gegenüber den Angeboten der Stiftung Verbundenheit. Schon im kommenden Jahr planen wir in Encarnación ein erstes Austauschformat, um die deutschsprachige Gemeinschaft der besuchten Region auf einen Nenner zu bringen und deren Kooperationen untereinander sowie mit uns zu fördern."

Die Stiftung Verbundenheit plant für 2023 die Erarbeitung einer ähnlichen Studie in weiteren Ländern der Region.

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