Eine intensive Diskussion über die Stellung und Möglichkeiten der deutschen Sprache führten die Mitglieder des Fachbeirates „Deutsche Sprache“ bei ihrer zweiten inhaltlichen Online-Sitzung. Das von der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland in diesem Frühjahr gegründete Gremium mit ExperteInnen aus Wissenschaft und Praxis setzte sich als Ziel, ein Konzeptpapier zu entwickeln, welches sich mit der Bedeutung der deutschen Sprache im Kontext deutscher Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften im Ausland auseinandersetzt, die Sprachsituation darstellt und anhand dessen die Bedürfnisse der Gemeinschaften und auch Förderziele aufzeigt.
Bislang wurde unter der Mitwirkung der MitarbeiterInnen der Stiftung sowie der Fachbeiräte ein Dossier mit Informationen über die Sprachsituation der deutschen Sprache, den Umfang des Schulunterrichts in deutscher Sprache für die Angehörigen der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa, GUS, Zentralasien, Kaukasus sowie Südamerika zusammengestellt. Daraus geht hervor, dass es trotz unterschiedlicher Begebenheiten, auch zahlreiche Gemeinsamkeiten aufgezeigt werden können. Leider sind das abnehmende Interesse an der deutschen Sprache, aber auch die fehlenden bzw. sinkenden Fördermaßnahmen ein einheitliches Zeichen für den Bedarf an effektiven Lösungen.
Dr. Marco Just Quiles, der stellvertretende Geschäftsführer der Stiftung, betonte, dass für die deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften die deutsche Sprache keine Fremdsprache, sondern ihre „Minderheitenmuttersprache“ oder die „Sprache der Heimat“ sei bzw. deren identitätsstiftende Rolle vom unschätzbaren Wert sei. Die Leiterin des Fachbeirats, Dr. Olga Martens, schlug vor, nach dem Erörtern der Ausgangslage mittelfristig zu planen und auf eine bestimmte Zeitperiode gerichtete Lösungs- und Kooperationsvorschläge aufzuzeigen.
In Bezug auf die Möglichkeiten des Sprachunterrichts wurde auch die Frage des Lehrermangels angesprochen. Dr. Liana Regina Iunesch, Universitätsdozentin an der Lucian-Blaga-Universität (Rumänien) betonte, dass wegen fehlender Fachkräfte oft nur weniger Interessierte die Möglichkeit am Sprachunterricht erhalten können. Dies ergänzte Theresia Szauter, die Beauftragte des Vorstandes der Gemeinnützigen Stiftung des Ungarndeutschen Bildungszentrums und Mitglied des Bildungsausschusses der LdU (Ungarn) damit, dass die schon unterrichtenden Lehrkräfte regelmäßig die Möglichkeit erhalten sollten im deutschen Sprachgebiet ihre sprachliche Kenntnisse zu verbessern und ihr Wissen zu erweitern. Alle waren einig, dass die Attraktivität des Lehrerberufs erhöht werden muss.
Auch die Besonderheiten der Sprachelernprozesse wurden im Rahmen der Sitzung angesprochen. Prof. Dr. Gesine Lenore Schiewer, Leiterin des Lehrstuhls für interkulturelle Germanistik an der Universität Bayreuth und Präsidentin der internationalen Gesellschaft für Interkulturelle Germanistik (Deutschland), hob das - wie sie formulierte - „Lernen über das Ohr“ Prinzip vor. Prof. Dr. Ildikó Erika Stephanie Risse, Professorin an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen (Italien, Südtirol) schloss sich dem Punkt an, und unterstrich die Wichtigkeit des deutschen Dialekts und der Mündlichkeit.
Prof. Dr. Renate v. Ludanyi, Professorin des Western Connecticut State University und Präsidentin der German Language School Conference in den Vereinigten Staaten (USA), ging u.a. darauf ein, welche Beweggründe die Lernenden für die Teilnahme am Sprachunterricht haben. Die Sprecher sind auch eine Art Kommunikatoren, die Land und Kultur anderen näherbringen können.
Die ersten Entwürfe des Konzeptpapiers werden in der kommenden Sitzung Anfang September besprochen. Dr. Marco Just Quiles teilte abschließend mit, dass die Ergebnisse des Fachbeirats am 9. Oktober in der Rumänischen Botschaft in Berlin präsentiert werden. Zu der Veranstaltung werden auch Vertreter aus der Politik und Wirtschaft eingeladen.