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Datum
15.8.2024
Autor

#verbunden_mit Weronika Koston

Weronika Koston war in den letzten zwei Jahren die Vorsitzende der Jugendorganisation der Deutschen Minderheit in Polen, dem Bund der Jugend der Deutschen Minderheit (BJDM) und auch die Jugendbeauftragte im Dachverband VdG. Davor leitete sie BJDM-Geschäftsstelle in Oppeln / Opole und ist seit 2018 aktiv in der Jugend. Wir sprachen mit ihr über die Jugendarbeit und ihre persönlichen Eindrücke in den Strukturen der DMi.


Liebe Weronika, Jugendarbeit ist in den deutschen Minderheiten immer ein sehr wichtiger Aspekt, wenn nicht sogar der Wichtigste. Hat sich die Rolle der Jugend in der Deutschen Minderheit in Polen in den letzten Jahren verändert? Merkst Du, dass die Bedeutung der Jugend gestiegen ist?


Ich glaube schon, dass sich die Rolle der Jugend in der Deutschen Minderheit sich in den letzten Jahren verändert hat. Natürlich war die größte Veränderung vor gut zwei Jahren, als wir als BJDM ein Mitglied des Vorstands des VdG wurden. Das heißt, dass der Vorsitzende des BJDM direkt Teil des Vorstands des Dachverbandes in der Deutschen Minderheit in Polen ist. Und so bekommen wir natürlich mit, was der Vorstand verabschiedet, wir können auch direkt mitentscheiden und mitwählen. Das bietet auf jeden Fall viele neue Möglichkeiten und Chancen. Man kann direkt mit den Vorsitzenden der Gesellschaften und sogenannten Erwachsenverbänden etwas diskutieren und ansprechen. Ich merke schon, dass wir dadurch mehr als Partner gesehen werden, dass die Gespräche mehr auf Augenhöhe sind. Wir werden auch als BJDM immer wieder zu Vorstandssitzungen der SKGD (des Landesverbands der Deutschen Minderheit im Oppelner Schlesien, d. Red.) eingeladen, wo wir auch einmal im Monat sehen, was dort auf dem Schirm liegt. Es ist wichtig, zu wissen, was die Erwachsenen machen und diese eben auch unsere Meinung hören.


Die Kampagnen #inPolenDaheim zur Verteidigung der zweisprachigen Ortsschilder oder auch #niemaMowy / #sprachlos als Protest gegen die Reduzierung der Stunden im Fach „Deutsch als Minderheitensprache“ wurden von der Jugend initiiert. Viele Menschen schlossen sich den Aktionen an. Sind es in der Nachbetrachtung nicht einfach gute Beispiele, die zeigen, dass es sich auch für junge Menschen lohnt, sich einzusetzen?


Ich denke, das sind sehr gute Beispiele dafür, dass es sich lohnt, sich einzusetzen, denn es zeigt ja, dass wenn wir unsere Meinung sagen und laut sind, die Motivation bei anderen da ist, sich anzuschließen. Die Kampagnen stehen dafür, dass auch die Erwachsenen gesehen haben, dass es solche politischen Entscheidungen gibt, die die Jugend direkt betreffen und natürlich auch auf Jahre prägen können. Ohne Jugend kann man keine Jugendarbeit machen. Auf jeden Fall waren es besonders wichtige Aktionen für die Zukunft der Deutschen hier in Polen.


Du bist seit 2022 Vorsitzende im BJDM gewesen, davor warst Du auch schon im Vorstand als Schatzmeisterin aktiv. Was waren für Dich bisher die Höhepunkte in dieser Zeit? Was würdest Du als Erfolg beschreiben? Was hat den BJDM auf Jahre verändert?


Puh, das ist keine einfache Frage. Es hat sich auf jeden Fall vieles verändert. Es waren ja vier Jahre für mich im Vorstand des BJDM. Was hat sich auf jeden Fall verändert? Es hat sich unser Sitz verändert. Das wird auf jeden Fall für die nächsten Jahre bleiben. Wir sind im Jugendzentrum der Deutschen Minderheit in Oppeln eingezogen. Es hat sich auch verändert, dass wir nun Mitglied im VDG-Vorstand sind. Es haben sich auch die Rolle, die Bedeutung und die Jugend an sich verändert. Wir hatten uns das Ziel gesetzt, dass man unsere Rolle als Jugend mehr wahrnimmt. Und ich glaube, es war wichtig, dass wir uns diese Ziele klar gesetzt haben. Wir haben 2021 mit strategischen Treffen angefangen. Und da habe ich auch selber für mich so eine Klarheit bekommen auf die Fragen „Wer ist denn überhaupt der BJDM?“, „Was machen wir?“, „Wie so machen wir es?“, „Was ist unsere Mission?“, „Was ist unsere Vision?“. Wir haben Hauptziele entwickelt, die wir zwar nicht alle erreicht haben, aber viel davon eben schon. Wir sind diesen Entwicklungsschritt der Strategiebildung auch gegangen für die nächsten Vorstände. Das ist auch für mich ein gutes Gefühl, dass wir auch den nächsten Vorständen etwas weitergeben, ein kleines Geschenk sozusagen. Wir haben unser Image als BJDM verbessert, wir haben ein neues Logo, eine neue Internetseite und sind aktiver in den Sozialen Medien. Unsere Satzung hat sich geändert, was bedeutet, dass wir Wahlen für jedes Mitglied ermöglichen, als eine direkte Demokratie haben, was mir selber auch sehr gefällt.


Du warst BJDM-Vorsitzende und gleichzeitig dann auch VdG-Jugendbeauftragte. Das sind zwei Aufgaben – einmal den Verband zu vertreten und die Jugend der DMi im Allgemeinen - und damit ist es auch mehr Arbeit. Oder hat es Sachen auch einfacher gemacht, zwei Funktionen in einer Person zu haben? Meinst Du es ist sinnvoller, die Aufgabe auf zwei Personen zu verteilen?


Tatsächlich war es sehr viel Arbeit. Und ich glaube es ist sinnvoll tatsächlich, es auf zwei Personen zu verteilen. Denn es war manchmal auch schwierig, die Positionen selbst klar zu trennen. Wohin fahre ich jetzt als BJDM-Vorsitzende und wohin gehe ich vielleicht als Jugendbeauftragte? Das eine ist ein Ehrenamt, das andere ist eine Anstellung. Es hat natürlich auch manche Sachen einfacher gemacht, weil ich mich im Ehrenamt viel engagiert habe und auch viel geschafft habe, aber als Jugendbeauftragte noch viel mehr mit dem BJDM machen konnte, als wenn ich jetzt irgendwo anders meinen Beruf ausüben müsste. Ich kenne jetzt die Strukturen, habe viele Kontakte und ich hoffe, dass ich der nächsten Jugendbeauftragten das Wissen und die Kontakte weiterleiten kann. Dasselbe gilt für die neue Vorsitzende jetzt, damit sie als neue Bezugspersonen die Arbeit weiterführen und verbessern können.

Welche Projekte aus den letzten Jahren oder auch traditionelle Projekte sind für Dich die erfolgreichsten Projekte der Jugend der DMi in Polen? Welche davon auch anderen Jugendorganisationen der deutschen Minderheiten empfehlen?


Also ich kann auf jeden Fall empfehlen, sich mit seinem Engagement und seiner Jugendorganisation und ihrer Tätigkeit auseinanderzusetzen und jedes Jahr eine Bewertung macht. Was war gut? Was geht besser? Ob die Projekte noch den Interessen und Bedürfnissen der Mitglieder entsprechen? Was waren die Höhepunkte unseres Jahres? Deswegen ist es für mich wichtig, dass das, was wir machen, der Strategie entspricht. Welche Probleme wollen wir in den nächsten Jahren lösen – das ist das eine. Und das zweite sind natürlich die Projekte an sich, die man einfach in einer Jugendorganisation, auch mit Partnern, macht. Interessante Angebote, die die Mitglieder bei uns nutzen können, sind auf jeden Fall Schulungen zur Gruppenleitung und zum Projektmanagement. Wir haben bei uns das Projekt „ELOm“, die Elementarschulung für junge Gruppenleiter und die „Akademia“, ein Programm für junge Führungskräfte. Ganz wichtig sind bei uns auch die lokalen Deutschklubs namens Jugendpunkt, die unsere Jugendstruktur wieder lokaler werden lässt. Und am Ende sind es auf jeden Fall die internationalen Projekte wie deutsch-polnische Jugendaustausche oder das internationale Sommercamp, da wir auch dort mit unseren Workshopleitern direkt die Teilnehmer für unsere Organisation gewinnen können.


In Deiner Zeit im Vorstand wurde es geschafft, die Kooperationen mit dem Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit weiter zu stärken und auszubauen, die Jugend der DMi im Norden bzw. Nordosten Polens wurde aktiviert. Wie ist es auf Dauer geplant? Soll der BJDM wieder eine polenweite Organisation werden?


Ja, natürlich, also wir wollen auf jeden Fall junge Menschen aus ganz Polen vernetzen. Und wir haben wieder Mitglieder aus Danzig oder Allenstein. Natürlich ist die Struktur dort eben nicht so stark, wie wir sie in der Wojewodschaft Oppeln haben. Aber es passiert schon viel und auch nächstes Jahr soll mithilfe unserer neuen Kulturmanagerin ein Projekt auch mit der Deutschen Minderheit dort umgesetzt werden, um eben auch die Jugendlichen aus Ermland und Masuren miteinzubeziehen und noch mehr zu stärken und zu engagieren.


Zur Politik. Wir sehen in der Politik, dass die Deutsche Minderheit auf Landesebene nicht mehr als eigenes Komitee angetreten ist, sondern mit dem Schlesischen Selbstverwaltungsverein zusammen und somit die deutsch-schlesischen Hintergründe wichtig wurden. Man sieht sich in den Reihen der DMi oft als Schlesier mit deutschem Hintergrund. Siehst Du so eine Tendenz auch bei den Jugendlichen, dass man sich eher als deutscher Schlesier sieht anstatt als Deutscher in Polen?


Es ist schwer zu sagen. Ich selber sage ja auch immer, dass ich eine deutsche Schlesierin bin, also dass eben diese regionale Identität für mich wichtig ist. Ich glaube, es ist schwierig für uns junge Menschen, die in Polen geboren sind, zu sagen, wer wir sind. Wir sind auf jeden Fall auch von der polnischen und schlesischen Kultur geprägt. Das ist das, was uns ausmacht. In meiner Kindheit hatten wir Deutsches Fernsehen und wir sind immer wieder zur Familie nach Deutschland gefahren. Und es sind diese Kleinigkeiten im Alltag und vor allem die Deutsche Sprache, die meine Identität so gestärkt haben, dass ich jetzt sage, das ist eine deutsche Schlesierin bin. Es ist in jeder Generation schon ein bisschen anders, welche Argumente es gibt, wie sie sich oder als was sie sich fühlen. Es ist schwer zu sagen, wie so die Tendenz ist. Aber ich glaube, das geht in diese genannte Richtung, ohne verallgemeinern zu wollen.


Nach der Zeit im BJDM bist Du jetzt seit kurzem im Vorstand der Jugend Europäischer Volksgruppen (JEV) als „Convenor for Minority Rights and Politics“. Was ist dort Deine Aufgabe?


Als Convenor for Minority Rights and Politics koordiniere ich die der Arbeitsgruppe Minority Rights and Politics in der JEV-Struktur und unterstütze somit den JEV-Vorstand, insbesondere den Vizepräsidenten für externe Angelegenheiten, das Bewusstsein für Minderheiten- und Jugendrechte zu stärken und die Stimme der nationalen und ethnischen Jugenden in öffentlichen Institutionen zu erheben. Unser Ziel ist es, eine nachhaltige, inklusive und friedliche Gesellschaft zu fördern.


Siehst Du es als wichtig, dass jemand aus der Deutschen Minderheit in Polen, also einer der größten deutschen Minderheiten, auch in JEV dabei ist?


Ja, ich halte es für wichtig, dass jemand aus der Deutschen Minderheit in Polen in der JEV vertreten ist. Durch diese Rolle kann ich eine wertvolle Brücke sein, um die Anliegen der deutschen Minderheiten zu fördern und gleichzeitig die Perspektiven von Minderheiten innerhalb Europas auf politischer Ebene besser zu verstehen und zu vertreten.


Weronika, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg der Jugend der Deutschen Minderheit in Polen und Dir persönlich.

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