In diesem Jahr veröffentlicht die Stiftung Verbundenheit in ihren sozialen Medien einen Adventskalender, bei dem an jedem Tag des Advents eine deutsche Minderheit bzw. eine deutschsprachige Gemeinschaften in aller Welt kurz und knapp vorgestellt wird, die derzeit in der Förderung durch das Bundesministerium des Innern oder das Auswärtige Amt steht. Ziel ist es, nicht nur die deutsche Minderheit oder deutschsprachige Gemeinschaft vor Ort kurz vorzustellen, sondern auch das Wissen über ihre Existenz, ihre Tätigkeiten und Projekte zu vermitteln.
1 - Die Deutsche Minderheit in Ungarn
.png)
Die Deutsche Minderheit in Ungarn ist die zweitgrößte nationale Minderheit mit rund 142.000 Mitgliedern, die vor allem in Südungarn rund um Budapest und im Westen des Landes ansässig sind. Der Großteil der Vorfahren der heutigen Ungarndeutschen stammt aus den mittel- sowie süddeutschen Regionen. Die Deutschen wanderten in unterschiedlichen Epochen in das Land ein aber der größte Teil der Deutschen wurde von den Habsburgern nachdem Ende der Türkenzeit, ab dem frühen 18. Jahrhundert angesiedelt, um das Königreich wieder aufzubauen. Ende des 18. Jahrhunderts betrug die Zahl der Deutschen im damaligen Ungarn mehr als eine Million.
Die ungarndeutsche Gemeinschaft erlitt infolge des Zweiten Weltkrieges schwere Verluste. 1944 und 1945 wurden bis zu 60.000 ungarische Staatsbürger deutscher Abstammung- überwiegend junge Frauen und Männer im Alter zwischen 16 und 40 Jahren – auf sowjetischen Befehl zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt. Nach Ende des Krieges wurden über 200.000 deutschstämmige infolge der Kollektivschuld aus dem Land vertrieben. 2013 wurde der 19. Januar von Ungarns Regierung zum Gedenk-tag der Vertreibung und Verschleppung der Ungarndeutschen erklärt. Seitdem findet an dem Tag jährlich eine zentrale Gedenkfeier in einer ungarndeutschen Siedlung statt. Das Vereinsleben der Ungarndeutschen ist sehr vielseitig. In zahlreichen Ortschaften wirken lokale Tanz-, Musik-und Gesangsvereine. Auch auf Landesebene sind große landesweite Organisationen tätig, wie der "Verein Ungarndeutscher Kinder", die „Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher“, der „Landesrat Ungarndeutscher Chöre, Kapellen und Tanzgruppen“ oder der „Verband ungarndeutscher Autoren und Künstler“. Das wichtigste Ziel der Vereine ist die Bewahrung der ungarndeutschen Identität, die Pflege der Muttersprache sowie die Weitergabe der kulturellen und religiösen Traditionen.
Über die Tätigkeit der zahlreichen Vereinesind Berichte und Reportagen in der Wochenzeitung „Neue Zeitung“, in der Fernsehsendung „Unser Bildschirm“ im Ungarischen Fernsehen bzw. online auf Zentrum.hu zu finden, aber auch das „Sonntagsblatt“ und weitere regionale und lokale Zeitungen wie „Batschkaer Spuren“ oder „Bonnharder Nachrichten“ erscheinen regelmäßig.
Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU) wird auf fünf Jahre gewählt. Das 47-köpfige Gremium legt die wichtigsten Leitlinien für das öffentliche Leben der Deutschen in Ungarn fest. Durch ihre Bildungs- und Kultureinrichtungen trägt sie zum Erhalt der deutschen Kultur und Sprache bei. Zu den wichtigsten Einrichtungen der Ungarndeutschen zählen unter anderem das Valeria-Koch-Bildungszentrum in Fünfkirchen/Pécs, das Ungarndeutsche Bildungszentrum in Baje/Baja oder das Budapester Deutsche Nationalitätengymnasium sowie die Deutsche Bühne Ungarn in Seksard/ Szekszárd, das Ungarndeutsche Kultur-und Informationszentrum und Bibliothek in Budapest und das Lenau-Haus in Fünfkirchen/Pécs.
In über 400 Ortschaften arbeiten deutsche Selbstverwaltungen, die auf lokaler Ebene die ungarndeutsche Gemeinschaft unterstützen. Seit 2018 gibt es einen ungarndeutschen Abgeordneten im ungarischen Parlament, der erfolgreich Initiativen zur Verbesserung der Förderung der Minderheiten vorangetrieben hat.
Das Schulwesen ist eine wichtige Stütze der ungarndeutschen Gemeinschaft. Deutsch als Minderheitensprache wird den ca. 65.000 Heranwachsenden vom Kindergarten bis hin zum Abitur in mehr als 500 Bildungseinrichtungen (Kindergarten, Grundschule, Mittelschule) beigebracht. Das Fach „Deutsche Sprache und Literatur“ wird in fünf Wochenstunden und das selbständige Fach „Volkskunde der Minderheit“ in einer Wochenstunde unterrichtet. Wenn die Zusammensetzung der Lehrkräfte es ermöglicht, werden einige Fächer in deutscher Sprache wie Geschichte, Geografie, Mathematik, Biologie/ Naturkunde, Informatik, Sport, Musik vermittelt. Als Schulträger können der Staat, die Landesselbstverwaltung der Minderheit, die örtliche Minderheitenselbstverwaltung, die Kirche oder eine Stiftung fungieren. Die Arbeit der Schulen wird vom Ungarndeutschen Pädagogischen Institut und Methodischem Zentrum unterstützt, das ebenfalls ein Institut der LdU ist.




.png)