Datum
28.3.2024
Autor
Stiftung Verbundenheit

Online-Diskussion "Die deutschsprachige Gemeinschaft in Chile"

Am 25.03.2024 organisierte die Stiftung Verbundenheit einen weiteren Abend der Online-Veranstaltungsreihe „Deutsche Minderheiten und deutsche Gemeinschaften stellen sich vor“, diesmal mit Blick auf Chile. Sehen Sie hier die Aufzeichnung:

Die deutschsprachige Gemeinschaft in Chile ist derzeit die am weitesten entfernt gelegene vom Stiftungssitz in Deutschland. Rund 13.000 km trennen Berlin, wo das Team Lateinamerika der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland sitzt, von Chile.

Neben dem Moderator des Abends, Teamleiter Lateinamerika Jan Wilms, eröffnete die Botschafterin Chiles in Deutschland, María Magdalena Atria Barros, die Online-Diskussion. Sie hob hervor, wie wichtig die Arbeit der Stiftung Verbundenheit ist und wie die Stiftung mit ihrer Arbeit deutsche Gemeinschaften weltweit verbindet, aber auch Brücken zwischen den Ländern Lateinamerikas und nach Deutschland baut. Die Bürgerdiplomatie-Initiative #JungesNetzwerk bildet einen wichtigen Baustein in den zwischenstaatlichen und regionalen Bemühungen die deutsche Sprache und Kultur fest zu verankern. Auch wenn die Botschafterin selbst nicht Mitglied der deutschen Gemeinschaft Chiles ist, ist ihr Leben seit jeher tief mit Deutschland verbunden und sie bezeichnet sich gern auch als „Ehrenmitglied der deutschen Gemeinschaft in Chile“.

Thomas Kreutzmann, Kuratoriumsmitglied der Stiftung Verbundenheit, begrüßte die Teilnehmenden auf Deutsch und Spanisch und erläuterte kurz die Aufgaben und Zielsetzungen der Stiftung Verbundenheit, die in über 35 Ländern weltweit tätig ist. Er hob hervor, dass sich die Stiftung Verbundenheit nicht nur für die Sprach- und Kulturpflege stark macht, sondern sich auch für ein modernes und offenes Deutschlandbild einsetzt. Auch einige Parallelen der Geschichte Deutschlands und Chile, welche sich beide aus Diktaturen und Gewaltherrschaft zu gefestigten und starken Demokratien entwickelt haben, stellte er vor.

Georg Wammes, Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Puerto Montt, betonte, dass rund 500.000 Menschen in Chile deutscher Herkunft sind, was proportional gesehen bei einer Bevölkerung von rund 19,5 Millionen einen überaus großen Anteil ausmacht. In den 1850er Jahren begann die Einwanderung in die damals noch unbewohnte Region rund um Puerto Montt, auch als chilenische Schweiz bekannt. Er erzählte einige Anekdoten des damaligen, nicht einfachen Beginnes eines neuen Lebens in Chile. So mussten die deutschen Einwanderer anfangs selbst Siedlungen und die nötige Infrastruktur bauen. Im Zuge dessen wurden mehrere deutsche Schulen gegründet, die im damaligen Chile noch ohne Schulpflicht schnell sehr beliebt wurden.

Johann Urban Paris, Leiter der Deutschabteilung des Kulturzentrums Sofia Hott Schwalm in Osorno, erklärte, dass die deutsche Schule in Osorno sogar die erste deutsche Schule in Chile war und im Jahre 2004 ihr 150. Jubiläum feierte. Seither befindet sich das gemeinnützige Kulturzentrum in einem denkmalgeschützem Gebäude im Stadtzentrum, wo regelmäßig verschiedenste Ausstellungen, Workshops und Vermittlungsaktivitäten zu Kultur, Sprache, Musik und Kunst von und mit Künstler/-innen und Schüler/-innen stattfinden.

Ralph Delaval, Herausgeber, Chefredakteur sowie Geschäftsführer des Cóndor, berichtete über die deutschsprachige Wochenzeitung in Chile. So hat das Dritte Reich versucht, diese Wochenzeitung für seine faschistischen Zwecke auszunutzen, aber die Angehörigen der deutschsprachigen Gemeinschaft in Chile haben sich strikt und erfolgreich dagegen gewehrt. Heute bietet diese deutschsprachige Zeitung einen facettenreichen Überblick über die deutsche Gemeinschaft vor Ort und weltweit, aber auch über die deutsche Sprache, Brauchtumspflege, Politik, Wirtschaft, Klima, Jugendarbeit etc. Die Leserschaft kann sich so über die Neuigkeiten in der Region sowie über deutsche, schweizerische und österreichische aktuelle und historische Themen und Entwicklungen in digitaler sowie Printform informieren.

Paulo Hueraman, Mitglied von #JungesNetzwerk Chile, gehört zwar nicht der deutschsprachigen Gemeinschaft an, auch wenn er in inmitten dieser aufwuchs. Ein Schüleraustausch nach Deutschland war der Beginn der deutschen Freundschaft und der aktiven Mitwirkung in der deutschen Gemeinschaft. Als ausgebildeter Zahnarzt betätigt er sich ehrenamtlich im #JungenNetzwerk, insbesondere in sozialen Projekten der Initiative der Stiftung Verbundenheit.

In der zweiten Gesprächsrunde widmeten sich die Vertreter/-innen dieser verschiedensten Institutionen der Frage, wie wichtig einerseits die Vermittlung und die Pflege der Sprache, der Bräuche und Trachten ist, andererseits aber auch dass Fokus klar auf der Gegenwart und zeitgenössischen Perspektiven und Initiativen gelegt werden sollte. Basis für eine reflektierte Auseinandersetzung mit dem modernen Deutschlandbild und dem Selbstverständnis der deutschsprachigen Gemeinschaft bildet jedoch auch die Vermittlung und das Verständnis für die Geschichte Deutschlands, der deutschen Einwanderer und seiner Nachkommen in Chile und weltweit. So formulierte es Johann Urban Paris passend, dass aus der Geschichte, der Vergangenheit auch die Verantwortung der verschiedenen Organisationen erwächst, Entwicklungen und Veränderungen der (deutschen) Kultur in der Gegenwart zu verstehen und zu fördern.

Ein solches Beispiel ist unter anderem die Stiftungsinitiative #JungesNetzwerk, welche nicht nur Menschen der deutschsprachigen Gemeinschaft Lateinamerikas zusammenbringt, sondern allen Interessierten und Sympathisant/-innen der deutschen Sprache und Kultur offensteht. So werden im Rahmen von unterschiedlichsten Aktivitäten Bürgerprojekte in den Themenbereichen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands (AKBP) umgesetzt. Dazu zählen Bürgerprojekte im Sprach-, Kultur-, Umweltschutz- und weiteren Bereichen. Menschen in ganz Lateinamerika werden zusammengebracht und einzigartige Synergien gebildet. Die Stiftung Verbundenheit wirkt als Vermittler im Hintergrund der ehrenamtlichen Arbeit der Mitglieder von #JungesNetzwerk mit und unterstützt bei der Kontaktknüpfung aber auch bei der breitgefächerten Projektkonzeption.

In der dritten Gesprächsrunde beschäftigten sich die Diskutanten mit abschließenden Überlegungen und Wünschen für die Zukunft. Sie betonten die Wichtigkeit der Fortführung der gemeinsamen Arbeit und wie viel man gegenseitig von erfolgreichen Beispielen länderübergreifend lernen kann. Die Stiftung sowie deren Initiative #JungesNetzwerk nehmen dabei eine aktive Rolle der Brückenbildung zwischen den Ländern und Institutionen ein und fördern den aktiven Austausch von und nach Deutschland. Aber auch der Ansatz direkt vor Ort und zusammen mit den Menschen wird und sollte nie aus dem Blick verloren gehen. Einen essenziellen Bestandteil bildet hier die ehrenamtliche und unverzichtbare Tätigkeit der mittlerweile über 2.000 Mitglieder der Initiative #JungesNetzwerk.

Jan Wilms und Thomas Kreutzmann dankten den Teilnehmenden der Online-Diskussion für deren rege Teilnahme und die offenen Gespräche und betonten, dass die deutschsprachigen Gemeinschaften aber auch Deutschland selbst viel voneinander lernen können und die gemeinsame Arbeit und der aktive Austausch auch in Zukunft tatkräftig weiterverfolgt werden.

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