Ein Bericht von Erika Erhardt (Projektkoordinatorin Zentralasien)
Wir leben in einer vernetzten, globalisierten Welt. Wer interkulturell kompetent ist, kann mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen verbal und nonverbal respektvoll interagieren. Interkulturelle Kompetenz zählt heute zu den wichtigen Schlüsselqualifikationen in fast allen Lebensbereichen. Und: sie ist trainierbar.
Vor diesem Hintergrund organisierte die Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland gemeinsam mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) am 20.07.2022 einen Workshop zum Thema „Interkulturelle Kompetenzen Zentralasiens und Deutschland“. TeilnehmerInnen des Workshops waren MitarbeiterInnen des Exekutivbüros der Gesellschaftlichen Stiftung „Wiedergeburt“ Kasachstan (GS Wiedergeburt).
Die Veranstaltung begann mit einer Einführung seitens Herrn Dr. Just Quiles, Stellvertretender Geschäftsführer der Stiftung Verbundenheit, in das Thema der interkulturellen Kompetenz. Bevor Definitionen von WissenschaftlerInnen und AutorInnen vorgestellt wurden, sollten die Teilnehmenden der GS Wiedergeburt mithilfe jeweils eines Wortes „Deutschland“ und „Kasachstan“ beschreiben. Für Deutschland fielen Begriffe wie Ordnung, Pünktlichkeit und Regeln. Kasachstan beschrieben die MitarbeiterInnen des Exekutivbüros mit Gastfreundschaft, Familienzusammenhalt und Extraversion. Daraufhin beschrieb Dr. Just Quiles das Verständnis unterschiedlicher WissenschaftlerInnen und AutorInnen zu diesem Begriff und warum er in der heutigen Welt eine solch große Rolle spielt. In diesem Zusammenhang wurde die Metapher der sogenannten „Aha-Brille“ erläutert. Diese metaphorische Brille helfe dabei, sich die Zeit zu nehmen, um unterschiedliche Verhaltensweisen genauer zu betrachten und diese als interessanten „Aha-Moment“ wahrzunehmen. Dabei geht es nicht darum, Situationen kategorisch zu bewerten, sondern das eigene interkulturelle Verständnis und Reaktion zu trainieren. Bereits während dieser Einleitung erhielten die TeilnehmerInnen eine gute Nachricht: Jede/r ist bereits interkulturell, denn niemand entspricht den Eingangs genannten Stereotypen zu 100%.
Nachfolgend stellte die Mitarbeiterin des BMI, Bettina Bresan-Wolf, die Ausgangssituation der Kulturen Kasachstans und Deutschlands vor. Behutsam ging sie auf die Unterschiede ein und erklärte deren Hintergründe. Diese Informationen wurden im nächsten Schritt auf den Arbeitskontext bezogen. Den TeilnehmerInnen des Workshops wurde auf diese Weise gezeigt, wie sie den erhaltenen Input in ihren Arbeitsalltag integrieren können. Denn interkulturelle Kommunikation findet bereits dann statt, wenn Menschen aus verschiedenen Kulturen miteinander in Austausch treten. Da das Verhalten kulturell geprägt ist, kann es im Kommunikationsprozess zu Missverständnissen kommen. Um den Umgang mit solchen Missverständnissen ging es im zweiten Teil des Workshops.
Um das theoretisch erworbene Wissen auch in der Praxis anwenden zu können, bereiteten die OrganisatorInnen vier Fallbeispiele vor, mit denen sich die Teilnehmenden in einer Gruppenarbeit auseinandersetzten. Die Fallbeispiele beschrieben Konfliktsituationen, die auf unterschiedlichen Ebenen analysiert werden können. Gefragt war einerseits die persönliche Ebene, warum Person A auf eine bestimmte Weise reagiert hat und auf der anderen Seite eine Metaebene: Was ist der Hintergrund für die beschriebene Verhaltensweise?
Nach der Analyse der einzelnen Fallbeispiele erhielten die Teilnehmenden unterschiedliche Strategien zum Umgang mit interkulturellen Unterschieden im beruflichen wie privaten Kontext. Eine wichtige Strategie wurde von Dr. Just Quiles im besonderen Maße hervorgehoben, die sogenannten „Ich-Botschaften“. Mithilfe dieser „Ich-Botschaften“ gelingt es dem Sprechenden seinem Gegenüber Respekt und Souveränität zu zeigen und gleichzeitig die Verantwortung für die vorliegende Situation zu übernehmen. Außerdem zeigt sich der Sprechende als faktenbasiert und lässt sich weniger durch Emotionen leiten. Die zuhörende Person fühlt sich durch diese Form der Kommunikation verstanden und es bietet sich die Möglichkeit, eine für beide Seiten passende Lösung zu finden.
Die Teilnehmenden des Workshops „Interkulturelle Kompetenzen Zentralasiens und Deutschland“ erklärten zum Ende der Veranstaltung, dass sie mit einer gewissen Skepsis in das Thema eingestiegen waren. Denn interkulturelle Kompetenz kann ein heikles Thema sein. Die TeilnehmerInnen seitens der GS Wiedergeburt erklärten jedoch, dass sie viele neue Informationen und Strategien für sich mitnehmen konnten und sich auch in Zukunft weiterhin mit der interkulturellen Kommunikation auseinandersetzen möchten.

BMI- und Stiftungsmitarbeiter im Berliner Büro der Stiftung Verbundenheit.
Im Schlusswort betonten sowohl Frau Bresan-Wolf als auch Herr Dr. Just Quiles, dass Offenheit, Unvoreingenommenheit und Toleranz gegenüber Menschen unterschiedlicher Kulturen die Basis einer gelingenden Kommunikation sind.