Als Teil der „Tage der Verbundenheit“ lud die Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland zu einem Wirtschaftsforum ein, indessen Rahmen mehrere Panels stattfanden und der neue Fachbeirat Wirtschaft der Stiftung ins Leben gerufen wurde. Der Veranstaltungsort und Gastgeber des Wirtschaftsforums war Handwerkskammer für Oberfranken (HWK) in Bayreuth. Auch Herr Josef Zellmeier, MdL, Vorsitzender des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen im Bayerischen Landtag sowie Landesvorsitzender der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Bayern, richtete ein Grußwort an die Teilnehmer, welches viele Aspekte aufgegriffen hat, die gerade mit der Position der deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften als Brückenbauer im wirtschaftlichen Feld und ihren Kompetenzen zu tun haben.
Lesen Sie hier das Grußwort von Josef Zellmeier:
Sehr geehrte Damen und Herren,
verehrte Gäste,
liebe Freundinnen und Freunde der deutschen Minderheitenarbeit,
es ist mir eine große Freude und zugleich ein persönliches Anliegen, heute in diesem Rahmen zu Ihnen zu sprechen. Nicht nur als Vertreter des Bayerischen Landtags, sondern auch als langjähriger Landesvorsitzender der Karpatendeutschen Landsmannschaft. Mit Herz und Überzeugung setze ich mich für die Anliegen der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa ein.
Wenn wir heute über Wirtschaft sprechen, über Globalisierung, über Mittelstandskooperationen – dann sprechen wir nicht nur über Zahlen, Märkte und Verträge. Wir sprechen über Menschen. Über Identitäten, über Brücken, über Vertrauen. Und genau hier kommen die deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften weltweit ins Spiel.
1. Die Rolle deutscher Minderheiten und deutschsprachiger Gemeinschaften im wirtschaftlichen Netzwerk Europas
In Ländern wie der Slowakei, Rumänien, Ungarn, aber auch in Kasachstan oder Argentinien gibt es Menschen, die unsere Sprache sprechen, unsere Werte teilen, unsere Geschichte mittragen – und gleichzeitig fest in ihren jeweiligen Gesellschaften verankert sind. Sie sind Brückenbauer, Mittler und Türöffner und häufig auch wirtschaftlich enorm aktiv und unternehmerisch erfolgreich. Leider ist das in Deutschland oftmals schlicht zu wenig bekannt.
Diese Menschen sind moderne Partner in einer vernetzten Welt und ihre Biografien, ihre Familiengeschichten, ihre Wirtschaftsinitiativen sind lebendige Beispiele dafür, wie kulturelle Identität und wirtschaftliche Innovationskraft zusammengehen.
2. Bayern als Brückenstaat – mit historischer Verantwortung und strategischer Weitsicht
Bayern – mit seiner jahrhundertealten Verbindung zu den deutschsprachigen Gemeinschaften in Südosteuropa – trägt hier besondere Verantwortung. Unsere Geschichte mit den Karpatendeutschen, mit den Banater Schwaben, mit den
Sudetendeutschen ist nicht nur Erinnerungskultur – sie ist auch Auftrag. Ein Auftrag, diese Verbindungen nicht nur kulturell, sondern auch wirtschaftlich neu zu beleben.
Als Vorsitzender des Haushaltsausschusses im Bayerischen Landtag sehe ich: Wenn wir in diesen Bereich investieren – in Netzwerke, in Programme, in Brückenprojekte –, dann investieren wir nicht nur in die Außenwirtschaft. Wir investieren in Resilienz, in Vertrauen und in nachhaltige Partnerschaften. Und das ist mehr wert als jeder kurzfristige Marktvorteil.
3. Die Panels dieser Veranstaltung – ein Zeichen gelebter Weltverbundenheit
Die heutige Veranstaltung ist genau das richtige Signal. In den folgenden Panels hören wir Stimmen aus Kasachstan, aus Argentinien, aus Mittel- und Osteuropa von Menschen, die mit beiden Beinen in der Wirtschaft stehen und gleichzeitig tief in der deutschen Kultur verwurzelt sind.
Wir reden über die Brückenfunktion der soeben genannten Personen, über Personalvermittlung zwischen Lateinamerika und Deutschland und über Wirtschaftsstiftungen deutscher Minderheiten in Mittel- und Osteuropa. Und am Ende dieses Tages steht die Gründung des neuen Fachbeirates Wirtschaft der Stiftung Verbundenheit. Das ist keine bloße Formalität. Das ist ein strategischer Schritt.
Denn dieser Beirat wird dazu beitragen, wirtschaftliche Initiativen aus den Reihen der deutschen Minderheiten zu bündeln, zu unterstützen und gezielt mit dem deutschen Mittelstand zu vernetzen. Ich kann nur sagen: Als politischer Vertreter unterstütze ich dieses Vorhaben nachdrücklich – und ich hoffe, dass auch aus anderen Ländern und Bundesländern vergleichbare Initiativen entstehen.
4. Der Mittelstand braucht Vertrauen – und das entsteht durch gemeinsame Werte
Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Viele Unternehmerinnen und Unternehmer aus den Reihen der Karpatendeutschen in der Slowakei etwa beherrschen die deutsche Sprache perfekt, sind traditionsbewusst und gleichzeitig innovationsfreudig. Aber was ihnen oft fehlt, ist der strukturelle Zugang zum deutschen Markt, zu Netzwerken, zu Förderinstrumenten.
Genau hier liegt unsere Chance – und auch unsere Verantwortung. Wirtschaftliche Beziehungen entstehen nicht allein durch Marktmechanismen. Sie entstehen durch Begegnung, durch kulturelle Nähe und durch persönliche Vertrauensbasis. Und das leisten die deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften in beispielhafter Weise.
5. Aus Geschichte wird Zukunft – wenn wir Brücken nicht nur bewahren, sondern bauen
Meine Damen und Herren,
wir leben in einer Zeit, in der internationale Zusammenarbeit schwieriger wird. Nationalismen, politische Spannungen, wirtschaftliche Unsicherheiten nehmen zu.
Gerade deshalb müssen wir auf jene Menschen und Strukturen setzen, die grenzüberschreitend denken, handeln – und Brücken bauen.
Die deutsche Minderheit ist dabei kein außenpolitisches Randthema. Sie ist ein wirtschaftsstrategischer Faktor. Und wenn wir heute die richtigen Impulse setzen, wenn wir Netzwerke wie den Wirtschaftsbeirat der Stiftung Verbundenheit stärken, wenn wir Kooperationen konkret und sichtbar machen, dann wird daraus eine Erfolgsgeschichte. Eine Erfolgsgeschichte, die bei der Identität beginnt und bei wirtschaftlicher Zusammenarbeit nicht aufhört.
6. Mein Appell: Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft müssen hier Hand in Hand gehen
Ich appelliere daher an alle: an die Politik – in Bayern, in Berlin, in Brüssel. An die Wirtschaft – vor allem an den Mittelstand. Und an die Zivilgesellschaft – insbesondere an Organisationen wie die Stiftung Verbundenheit. Lassen Sie uns gemeinsam diesen Weg weitergehen.
Denn aus einer gelebten Weltverbundenheit kann ein neuer wirtschaftlicher Aufbruch entstehen – getragen von Menschen, die mehr verbinden als trennen kann: Sprache, Kultur, und ein gemeinsamer Gestaltungswille für die Zukunft.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit – und wünsche dieser Veranstaltung zahlreiche Impulse, die weit über den heutigen Tag hinaus wirken.
Vielen Dank.